Proteolipidprotein ist das Hauptprotein in den Myelinscheiden der ZNS-Nervenzellen. Weil viele verschiedene Mutationen im Proteolipidprotein auftreten können, kann die resultierende Störung von „sehr schwer“ (connatale PMS), über einen späteren Krankheitsbeginn, mittlere Schwere („klassische PMS“) bis hin zu der relativ milden und mit üblicherweise späterem Krankheitsbeginn einsetzenden X-Chromosom gekoppelten spastischen Paraplegie (abgekürzt SPG2) eingeordnet werden. Dieses Spektrum von Störungen wird Pelizaeus-Merzbacher-Krankheit (X-Chromosom-gekoppelte spastische Paraplegie oder PMS/SPG2) genannt.
Klinisches Bild: Die schwerste connatale Form von PMS/SPG2 beginnt bei der Geburt oder kurz danach mit Nystagmus (d.h. unwillkürliches Augenzucken) und Hypotonie. Die „klassische“ Form der Krankheit hat einen späteren Beginn, aber während des ersten Lebensjahres. Beide sind charakterisiert durch verzögerte Entwicklung. Die X-Chromosomen-gekoppelte spastische Paraplegie (SPG2) kann erstmalig bemerkt werden nach dem ersten Lebensjahr und kann als Schwäche oder Lähmung der Beine oder kleineren anderen Gliedmaßen erscheinen. Individuelle Fälle können sich darstellen mit Krankheitszeichen, die zwischen beiden Formen liegen. Während die meisten Patienten männlich sind, können auch weibliche Kinder betroffen sein.
Klinischer Verlauf: Die ersten Zeichen von PMS erscheinen im frühen Kleinkindalter, jene von SPG2 in der Kindheit. Das charakteristische Zeichen von PMS ist eine ruckartige, oft kreisförmige Bewegung der Augen, die Nystagmus genannt wird. Hypotonie (Flattrigkeit) und Misslingen der Entwicklung normaler Koordination sind üblich. Früher oder später werden die Gliedmaßen, besonders die unteren Gliedmaßen, spastisch. Viele Jungen lernen niemals selbst zu essen, ihren Kopf selbständig zu heben, zu gehen oder zu reden. Kinder mit den schwereren PMS-Formen können das erste Lebensjahrzehnt nicht überleben, andere können bis hin in ein mittleres Alter leben. Diese Patienten werden an den Rollstuhl gefesselt sein. Gelegentlich haben Männer mit einer X-Chromosom-gekoppelten spastischen Paraplegie Kinder gezeugt.
Lebenserwartung: Kinder mit schwerer angeborener Krankheit können ihr während der ersten wenigen Lebensjahre erliegen. Jene mit weniger neurologischer Beeinträchtigung , besonders jene mit SPG2, können bis zu einem mittleren Alter (oder jenseits davon ?) überleben.
Ätiologie: PMS-SPG2 unterscheidet sich von anderen Leukodystrophien darin, dass sie von eher demyeliner als von demyelinisierender Beschaffenheit ist. Das ist so zu verstehen, normales Myelin ist so gut wie nie ausgebildet, während in dem Rest der Leukodystrophien Myelin ausgebildet ist und später verloren geht. Dieser Unterschied spricht für die nonprogressive Natur der PMS. Der Mangel von Myelin reicht von schwer (fast kein Myelin) bis fleckig- ungleichmäßig. Die Veränderungen sind feststellbar durch Magnetresonanzbildgebung (MRI).
Diagnose: Die Anfangsdiagnose hängt vom klinischen Bild des Schwindens der weißen Gehirnsubstanz im MRI ab. Die Diagnose und Verlaufsformfeststellung für PLP – Mutationen sind nur durch DNA-Tests möglich.
Epidemiologie: PMS/SPG2 ist selten und ihre allgemeine Gültigkeit ist nicht bekannt. Sie scheint in allen Bevölkerungen vorzukommen. Die Verlaufsrate ist nicht bekannt.
Genetik: Wie die meisten X-Chromosom-bedingten Krankheiten sind etwa ein Drittel der isolierten Fälle neuen Mutationen zuzuschreiben (ungefähr 40 davon sind soweit gefunden wurden). Vielleicht 60% der Fälle die klinisch diagnostiziert wurden, zeigen eine Duplikation oder Mutation.
Der Rest ist entweder
1) keine PMS
2) einer Mutation in Teilen des Gens, die noch nicht gut untersucht sind, zuzuschreiben
3) „PMS-ähnliche“ Erkrankung, welche, da generell X-Chromosom-gekoppelt, im Ursprung autosomal sein kann
Pränatale Diagnose: Pränatale Verläufe von Mutationen können Amniozentese oder Chorionzottenproben unterlaufen (d.h. unterhalb der Nachweisgrenze sein). Dann wird DNA für die spezifische Mutation analysiert.
Behandlung: Es gibt keine spezifische Behandlung. Verfügbar ist eine standardisierte unterstützende Therapie, die mit der Schwere des Zustandes variiert.
Klinische Tests: Keine
Diätetische Intervention: Nicht spezifisch